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6.5 Das Zeugnis der Menge
Geteilter Glaube und Fragen um Jesu Herkunft
Wie reagierten viele in der Menge, als Jesus zu den Juden sprach, die am Laubhüttenfest teilnahmen? Johannes 7,37–53
In Johannes 7,37–38 lädt Jesus die Menschen beim Laubhüttenfest ein, zu ihm zu kommen und zu trinken, und verspricht ihnen Ströme lebendigen Wassers. Diese Worte, die auf die Erfüllung des geistlichen Durstes und die Gabe des Heiligen Geistes hinweisen, sind ein kühnes Selbstzeugnis. Jesus stellt sich als die Quelle des Lebens dar, die den tiefen Durst der Seele stillen kann. Seine Aussagen lösen in der Menge vielfältige Reaktionen aus – Bewunderung, Verwirrung und Widerstand.
Die Menge war gespalten in ihrer Meinung über Jesus. Einige erkannten ihn als den lange erwarteten Propheten oder den Christus, andere aber blieben skeptisch, festgehalten durch Missverständnisse über seine Herkunft. Diese Meinungsverschiedenheiten zeigen die Herausforderung, die Jesu Worte und Werke darstellten, und die Schwierigkeit für viele, über ihre bisherigen Vorstellungen hinauszugehen, um die wahre Identität Jesu zu erfassen.
Interessant ist auch, dass selbst die Beamten, die geschickt worden waren, um Jesus festzunehmen, von seiner Weisheit und seiner Autorität so beeindruckt waren, dass sie ihn unberührt ließen. Ihr Erstaunen über Jesu Worte zeigt, wie kraftvoll und einnehmend seine Botschaft war. Trotz dieser Faszination blieb der Widerstand der religiösen Führer bestehen, die sich fragten, warum keiner von ihnen an Jesus glaubte, als ob ihr Urteil endgültig sei.
Nikodemus, ein Pharisäer, tritt in diesem Moment hervor und erinnert seine Kollegen an das Gesetz: Es verlangt, dass eine Person angehört wird, bevor ein Urteil gefällt wird. Dieser Hinweis zeigt, dass Nikodemus eine Offenheit für Jesu Botschaft bewahrt hat und möglicherweise zum Glauben an ihn findet. Nikodemus’ spätere Handlungen nach Jesu Tod legen nahe, dass er letztlich Jesus als Messias anerkannte.
Diese Episode verdeutlicht, dass Jesus nicht ohne Widerstand auf Erden wirkte. Sein Wirken und seine Worte forderten die Menschen zur Entscheidung heraus und zeigten, dass wahre Nachfolge oft eine bewusste und persönliche Entscheidung ist, unabhängig von der Meinung der Mehrheit. Das Zeugnis der Menge erinnert uns daran, dass Glaube an Jesus oft bedeutet, eigene Überzeugungen und Annahmen zu hinterfragen und den Mut zu haben, eine persönliche Entscheidung für ihn zu treffen – auch wenn diese Entscheidung in der Minderheit liegt.
Lies Johannes 7,49. Was sagten die Führer, das ihre Verachtung für die Massen, die Jesus nachfolgten, zeigte? Welche Lehre können wir daraus ziehen?
In Johannes 7,49 sagen die religiösen Führer: „Diese Leute, die das Gesetz nicht kennen, sind verflucht!“ Diese Aussage zeigt ihre tief verwurzelte Verachtung und Arroganz gegenüber den Massen, die Jesus nachfolgten. Die Führer betrachten die gewöhnlichen Menschen als unwissend und als leicht verführbare Anhänger. Statt in ihnen Menschen zu sehen, die nach Wahrheit und Sinn suchen, sehen sie sie als „Verfluchte“ und minderwertige, die ihre religiösen Standards nicht erfüllen.
Aus dieser Reaktion der Führer können wir eine wichtige Lehre über Demut und Mitgefühl im Glauben ziehen:
  1. Arroganz und Überheblichkeit trennen von Gottes Herz
    Die religiösen Führer hielten sich aufgrund ihres Wissens für überlegen und sahen auf andere herab. Diese Haltung versperrte ihnen den Zugang zur wahren Erkenntnis Jesu und zur Liebe Gottes. Für uns ist dies eine Mahnung, dass geistliche Arroganz oder ein elitäres Denken uns blind für Gottes Wirken machen kann. Ein echter Glaube basiert auf Demut und der Bereitschaft, Gottes Wahrheit in allen Menschen zu suchen und zu erkennen.
  2. Die Gefahr, andere aufgrund ihres Wissensstandes zu verurteilen
    Die Führer missachten die Menschen, weil sie „das Gesetz nicht kennen.“ Doch Jesus selbst zeigte, dass wahre Nähe zu Gott nicht von einem bestimmten Bildungsgrad oder intellektuellen Wissen abhängt, sondern von einem aufrichtigen und offenen Herzen. Diese Erkenntnis lädt uns ein, Menschen nicht aufgrund ihrer Bildung oder ihres Wissensstandes zu beurteilen, sondern sie mit Liebe und Verständnis anzunehmen.
  3. Mitgefühl und Offenheit für alle Menschen
    Die Verachtung der Führer steht im Gegensatz zu Jesus’ Mitgefühl für die Menschenmenge. Jesus nahm sich der Schwachen, der Suchenden und der Verachteten an. Für uns bedeutet das, dass Nachfolge Jesu auch bedeutet, Mitgefühl zu zeigen und offen zu bleiben – besonders für Menschen, die möglicherweise weniger über den Glauben wissen, aber ein offenes Herz haben.
  4. Lehren statt Verachten
    Wenn wir Menschen als unwissend oder „verloren“ betrachten, ohne sie zu unterstützen und zu lehren, verfehlen wir den Auftrag des Evangeliums. Jesus nahm sich Zeit, den Menschen die Wahrheit Gottes zu offenbaren und sie zu lehren. Dies ist eine Einladung, andere geduldig und liebevoll zu begleiten, anstatt sie wegen ihres momentanen Wissensstandes zu verurteilen.
Insgesamt erinnert uns diese Passage daran, dass wir Demut bewahren und alle Menschen als wertvolle Empfänger von Gottes Liebe und Wahrheit betrachten sollen. Verachtung und Überheblichkeit führen zur Trennung von Gottes Herz, während Mitgefühl und Offenheit uns in die Lage versetzen, wahrhaftig im Geist Jesu zu handeln.
Die Verbindung dieser Begebenheiten mit unserem Alltagsleben und Glauben zeigt, wie wichtig es ist, in der Nachfolge Jesu ein offenes Herz und eine demütige Haltung zu bewahren. Hier sind einige konkrete Aspekte, wie diese Lektion unser tägliches Leben und unseren Glauben prägen kann:
  1. Demut statt Überheblichkeit in der Begegnung mit anderen
    Die religiösen Führer ließen sich von ihrer eigenen Überheblichkeit leiten und sahen auf die Menge herab. Auch in unserem Alltag kann es vorkommen, dass wir dazu neigen, Menschen aufgrund ihres Wissensstandes oder ihrer sozialen Stellung zu beurteilen. Doch die Geschichte erinnert uns daran, dass wahre geistliche Größe in Demut liegt – darin, alle Menschen mit Respekt und Offenheit zu begegnen, so wie Jesus es tat.
  2. Die Offenheit für Gottes Wirken in jedem Menschen
    Jesus zog Menschen aus allen Lebensbereichen an – von einfachen Fischern bis zu Gelehrten wie Nikodemus. Für uns ist dies eine Einladung, die Offenheit zu bewahren und zu erkennen, dass Gottes Geist in jedem Menschen wirken kann, unabhängig von seiner Herkunft, seinem Wissen oder seiner sozialen Position. Es hilft uns, nicht vorschnell zu urteilen, sondern zu suchen, was Gott in und durch jeden Einzelnen tut.
  3. Mitgefühl und Annahme statt Verurteilung
    Die religiösen Führer sahen in der Menge lediglich Menschen, die das Gesetz nicht kannten und damit als „verflucht“ galten. Für uns bedeutet das, dass wahre Nachfolge Jesu Mitgefühl und eine Haltung der Annahme verlangt, auch gegenüber denen, die sich auf einer anderen Stufe des Glaubens oder Wissens befinden. Im Alltag können wir Menschen mit einem offenen Herzen begegnen und versuchen, sie zu unterstützen, anstatt sie zu verurteilen.
  4. Glaube als persönliche Entscheidung und keine Mehrheitssache
    Die Menge war gespalten über die Identität Jesu, und viele folgten ihm nur bis zu einem gewissen Punkt. Die Geschichte erinnert uns daran, dass echter Glaube oft eine persönliche und bewusste Entscheidung ist, die unabhängig von der Meinung der Mehrheit getroffen werden muss. Im Alltag kann dies bedeuten, auch dann an unseren Überzeugungen festzuhalten, wenn sie unpopulär sind oder die Mehrheit eine andere Meinung hat.
  5. Ein Herz für diejenigen, die nach Wahrheit suchen
    Jesus stellte sich nicht nur als Quelle des lebendigen Wassers dar, sondern nahm sich auch Zeit für die Verachteten und die Suchenden. Diese Haltung lädt uns ein, besonders auf diejenigen zuzugehen, die in einer Lebensphase des Suchens sind. Es ermutigt uns, geduldig zuzuhören und ihnen durch Mitgefühl und Geduld die Liebe Gottes nahezubringen.
  6. Bereitschaft zu Lehren und zu Unterstützen
    Jesus’ Haltung gegenüber der Menge war nicht von Verachtung geprägt, sondern von einem Wunsch, sie zur Wahrheit Gottes zu führen. Auch wir sind eingeladen, anderen im Glauben zu helfen und unser Wissen und unsere Erfahrungen zu teilen, ohne sie dabei herabzusetzen. Dies bedeutet, geduldig zu sein, Verständnis zu zeigen und gemeinsam zu wachsen.
Zusammengefasst lehrt uns diese Passage, wie sehr wahre Nachfolge Jesu eine Herzenshaltung der Demut, Offenheit und des Mitgefühls ist. Wenn wir unser Leben in dieser Weise gestalten, spiegelt sich die Liebe und das Erbarmen Gottes in unseren Handlungen wider, und wir werden fähig, anderen ein authentisches Zeugnis für den Glauben zu geben.

Wahre Größe liegt darin, anderen mit Demut und Mitgefühl zu begegnen, auch wenn sie anders sind als wir.