2.4 Die Heilung des Blinden, Teil 2 Die geistliche Blindheit der Pharisäer und die wachsende Erkenntnis des Geheilten
Lies Johannes 9,17–34. Welche Fragen stellten die Führer und wie antwortete der Blinde?
In Johannes 9,17–34 sehen wir eine intensive Auseinandersetzung zwischen dem geheilten Blinden und den religiösen Führern, die nach Antworten suchen. Die Pharisäer stellen dem ehemals Blinden mehrere Fragen, um herauszufinden, wie er geheilt wurde und wer Jesus ist. Sie sind bereits voreingenommen, weil Jesus die Heilung am Sabbat vollbracht hat, und betrachten ihn deshalb als Sünder.
Der ehemals Blinde antwortet mit einer bemerkenswerten Klarheit und zunehmendem Verständnis. Zunächst beschreibt er schlicht das, was geschehen ist: „Er hat mir die Augen geöffnet.“ Doch als die Pharisäer wiederholt versuchen, Jesus als Sünder darzustellen, weist der Blinde mutig darauf hin, dass jemand, der solch ein Wunder vollbringt, nur von Gott kommen kann (Joh 9,33). Er argumentiert: „Noch nie hat man gehört, dass jemand einem Blindgeborenen die Augen aufgetan hat“ (Joh 9,32).
Die Umkehrung der Rollen
Während die Pharisäer, die als geistliche Führer galten, zunehmend verwirrter und „blinder“ werden in ihrem Urteil über Jesus, wird der ehemals blinde Mann immer sehender – nicht nur physisch, sondern auch geistlich. Er erkennt nach und nach, dass Jesus mehr ist als nur ein Prophet: Jesus muss von Gott gesandt sein. Seine geistliche Sehkraft wächst im Gegensatz zur geistlichen Blindheit der Pharisäer, die trotz der offensichtlichen Zeichen und Wunder ihre starren Überzeugungen nicht hinterfragen wollen.
Zentrale Themen des Berichts
Dieser Abschnitt des Johannesevangeliums ist besonders bedeutungsvoll, weil er sich mit vielen Schlüsselthemen überschneidet:
Jesus als das Licht der Welt: Diese Heilung bestätigt Jesu Aussage, dass er das Licht ist, das in die Finsternis der Welt kommt (Joh 9,5; Joh 8,12). Der ehemals Blinde erlebt dieses Licht auf einer physischen und spirituellen Ebene.
Geistliche Blindheit: Während der Blinde immer mehr zum Glauben kommt, werden die Pharisäer in ihrem Unglauben immer „blinder“. Johannes zeigt, wie religiöser Stolz und Voreingenommenheit zu geistlicher Blindheit führen können.
Die Herkunft Jesu: Der geheilte Mann wird von den Pharisäern nach der Herkunft Jesu gefragt. Diese Frage durchzieht das Evangelium: Wer ist Jesus und woher kommt er? Der Blinde erkennt, dass Jesus von Gott gesandt sein muss, während die Pharisäer in ihrem Unwissen verharren.
Die Gefahr von Herzverhärtung: Die religiösen Führer wollen die Wahrheit über Jesus nicht erkennen, obwohl sie klare Beweise sehen. Dies ist eine eindringliche Warnung, dass Stolz und das Festhalten an falschen Überzeugungen uns geistlich blind machen können.
Fazit:
Dieser Abschnitt zeigt, dass wahre geistliche Erkenntnis nicht von Bildung oder religiösem Rang abhängt, sondern von einem offenen, demütigen Herzen, das bereit ist, Gottes Wahrheit anzunehmen. Der Blinde, der einst ohne physisches und geistliches Licht war, empfängt beides durch Jesus, während die Pharisäer trotz ihres Wissens und ihrer Stellung in der Dunkelheit bleiben. Es ist eine kraftvolle Erinnerung daran, dass unser Stolz uns daran hindern kann, die Wahrheit zu sehen, selbst wenn sie direkt vor uns liegt.
Lies 1. Korinther 1,26–29. Wie passt das, was Paulus in diesen Versen schreibt, zu Johannes‘ obigem Bericht, und inwiefern gilt das gleiche Prinzip auch heute?
In Johannes 9 sehen wir, dass Gott sich des „Schwachen“ – des blindgeborenen Bettlers – bedient, um seine Macht und Herrlichkeit zu offenbaren. Der ehemals Blinde wird zum Zeugen für Jesus, obwohl er gesellschaftlich und religiös als unbedeutend galt. Gleichzeitig sind es die religiösen Führer, die „Weisen“ und „Mächtigen“, die sich weigern, die Wahrheit zu erkennen. Ihre Macht, ihr Wissen und ihr Stolz hindern sie daran, die geistliche Wahrheit zu sehen, obwohl sie direkt vor ihren Augen liegt.
Paulus’ Worte in 1. Korinther 1,26–29 betonen, dass Gott oft die „Schwachen“ und „Törichten“ in den Augen der Welt wählt, um die „Starken“ und „Weisen“ zu beschämen. Der geheilte Blinde verkörpert genau dieses Prinzip: Ein vermeintlich schwacher und verachteter Mann wird zum Sprachrohr der göttlichen Wahrheit, während die gebildeten und mächtigen Pharisäer in ihrer Blindheit verharren.
Gilt das gleiche Prinzip heute?
Ja, dieses Prinzip ist auch heute noch gültig. Gott wählt oft diejenigen, die von der Gesellschaft als unbedeutend oder schwach betrachtet werden, um seine Macht und Weisheit zu offenbaren. Das zeigt uns, dass wir nicht auf äußerliche Qualifikationen wie Macht, Reichtum oder Wissen schauen sollten, wenn es um geistliche Erkenntnis und Gottes Wirken geht.
Einige heutige Anwendungen:
Demut vor Gott: Wir sollten uns bewusst sein, dass unsere menschliche Weisheit oder Stellung uns nicht automatisch Zugang zu Gottes Wahrheit gibt. Es ist oft der demütige Glaube, der die Augen für Gottes Wirken öffnet.
Achtung der „Unscheinbaren“: Gott wirkt durch Menschen, die die Welt oft übersieht oder unterschätzt. Wir sollten in unserem Alltag offen dafür sein, wie Gott durch die Demütigen, Schwachen oder Unerwarteten spricht.
Warnung vor Stolz: Wie die Pharisäer in Johannes 9 können auch wir heute durch religiösen oder intellektuellen Stolz blind werden. Wenn wir meinen, alles zu wissen oder alle Antworten zu haben, verschließen wir uns möglicherweise gegenüber Gottes Offenbarung.
Gott wählt oft das, was die Welt als schwach oder gering erachtet, um seine Größe und Macht zu zeigen. Dies erinnert uns daran, dass wahre Weisheit und Kraft aus der Demut vor Gott und der Offenheit für sein Wirken kommen, egal woher es kommt.
Die Heilung des Blinden in Johannes 9,17–34 und die anschließende Auseinandersetzung zwischen dem Geheilten und den religiösen Führern zeigen uns nicht nur die Dynamik zwischen körperlicher und geistlicher Blindheit, sondern auch eine wichtige Lektion für unser Alltagsleben und unseren Glauben.
Verbindung mit unserem Alltagsleben und Glauben:
Diese Geschichte erinnert uns daran, dass wahre geistliche Einsicht und Erkenntnis nicht von äußeren Qualifikationen, sozialem Status oder religiöser Position abhängen. Stattdessen kommt die wahre Sehkraft durch Demut und Offenheit gegenüber Gottes Wirken. Der ehemals Blinde, ein einfacher und verachteter Mann, wird zum Zeugnis für Gottes Macht und Wahrheit, während die Pharisäer trotz ihrer Gelehrsamkeit und Position immer blinder werden.
Praktische Anwendungen:
Demut und geistliche Offenheit: Im Alltag können wir leicht in die Falle tappen, uns auf unsere eigene Weisheit oder unsere Errungenschaften zu verlassen. Doch die Geschichte des Geheilten zeigt, dass Gottes Wahrheit oft den Demütigen offenbart wird. Ein demütiges Herz ist entscheidend für die geistliche Klarheit. Es bedeutet, bereit zu sein, von Gott zu lernen und zu erkennen, dass unser Wissen begrenzt ist.
Achtsamkeit gegenüber Gottes Wirken: Gott wirkt oft durch unerwartete Menschen und Ereignisse. Im Alltag bedeutet das, dass wir offen sein sollten für Gottes Stimme, auch wenn sie durch Menschen oder Situationen kommt, die wir vielleicht übersehen oder unterschätzen. Wie der ehemals Blinde erkennen wir Gottes Handeln oft erst nach und nach – je mehr wir uns ihm öffnen.
Vorsicht vor Stolz: Die Pharisäer waren überzeugt, die Wahrheit zu kennen, und verließen sich auf ihre religiösen Traditionen und Regeln. Ihr Stolz hinderte sie daran, die Wahrheit zu erkennen. Auch wir müssen aufpassen, dass Stolz, sei es in Bezug auf Wissen, Stellung oder unsere Überzeugungen, uns nicht daran hindert, Gottes Willen klar zu sehen. Geistliche Blindheit kann jeden treffen, der sich der Wahrheit verschließt.
Fazit:
Die Heilung des Blinden lehrt uns, dass wahre geistliche Sehkraft in einem offenen, demütigen Herzen liegt. In unserem Glauben und täglichen Leben sollten wir darauf achten, nicht durch Stolz oder Vorurteile blind zu werden, sondern immer bereit sein, Gottes Wahrheit zu empfangen – sei es durch kleine, unscheinbare Mittel oder Menschen, die wir leicht übersehen könnten.
Demut öffnet die Augen für Gottes Wahrheit – Stolz verschließt sie.